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Schreck 24

von Caspar Tobias Schlenk und Niklas Wirminghaus
Capital vom 01.01.2021

Sie sehen hier den reinen Text in der anonymisierten Form für die Jury. Bilder, Layout oder multimediale Umsetzung sind beim Deutschen Journalistenpreis kein Bewertungskriterium. Allein das Wort zählt.

Schreck 24

Wer im Netz Versicherungen, Finanzprodukte, Strom- oder Handyverträge verkaufen will, kommt an Check24 kaum vorbei. Ein Erfolg – einerseits. Doch die Macht des deutschen Marktführers ist vielen längst unheimlich

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Roman Rittweger ist eigentlich kein Typ, der schnell den Mut verliert. Als der gelernte Mediziner 2017 das Versicherungs-Start-up Ottonova startete, wagte er damit die erste deutsche Neugründung eines privaten Krankenversicherers seit 17 Jahren. Doch als Ottonova ein Jahr nach dem Start gerade einmal 400 Kunden beisammenhatte, sah sich Rittweger gezwungen, sich von einem seiner wichtigsten Vorsätze zu verabschieden: Er gab seine Unabhängigkeit auf. Das Unternehmen listete seine Tarife fortan auf Check24, einem Vergleichsportal mit enormer Reichweite. „Wir hatten mal die Idee, das ohne die Checks dieser Welt zu machen“, bilanziert Rittweger. „Aber ein gutes Produkt zu haben reicht nicht.“

Inzwischen hat sich der Gründer mit Check24 arrangiert. Rittweger hat seine Tarife sogar so umbauen lassen, dass sie nach den Kriterien des Vergleichsportals möglichst weit oben landen. Mit einem Beamtenanwärtertarif hat er kürzlich eine Police gelauncht, die nur über Check24 verkauft wird – offenbar höchst erfolgreich: „Da hätten wir wie sonst was auf Facebook oder im Fernsehen Werbung schalten können, das hätte nicht den gleichen Effekt gehabt.“

Mit der Einsicht, dass an Check24 kein Weg vorbeiführt, ist Rittweger nicht allein. Nicht nur für Versicherer, auch für Telekommunikationsanbieter, Stromkonzerne oder Banken sind Vergleichsportale die entscheidenden Gatekeeper beim Zugang zu online erreichbaren Kunden geworden. Das Bundeskartellamt schätzt, dass je nach Branche zwischen fünf und 25 Prozent des Umsatzes über die Plattformen abgewickelt werden, Tendenz steigend. Check24 ist dabei in Deutschland der mit Abstand wichtigste Player, teilweise mit monopolähnlicher Stellung dank der Konzentrationslogik, die Plattformmärkten eigen ist.

Beispiel Versicherungen: Knapp 40 Prozent der einfachen Policen für Haushalt, Hausrat oder Autos werden laut den Marktforschern von Heute & Morgen über Vergleichsportale abgeschlossen. Brancheninsider schätzen, dass die Plattformen allein mit Provisionen etwa 300 Mio. Euro jährlich verdienen. Ein Großteil davon dürfte an Check24 gehen – bei Kfz-Versicherungen etwa liegt der Anteil des Münchner Unternehmens laut der Beratung Sirius Campus bei 70 Prozent.

In Summe dürfte Check24 die Milliardengrenze beim Umsatz vor einigen Jahren überschritten haben. Das Unternehmen arbeitet dabei hochprofitabel, die Gewinnmarge soll zweistellig sein. Als Marke ist das Portal inzwischen den meisten Verbrauchern ein Begriff, vor allem dank der allgegenwärtigen Fernsehwerbung, die sich Check24 laut Nielsen mehr als 150 Mio. Euro pro Jahr kosten lässt.

Öffentlich kaum bekannt ist dagegen, welche Strategie eigentlich hinter dem Primus der Vergleichsbranche steckt – und wie weit dessen Marktmacht inzwischen reicht. [Medium] konnte für diese Recherche mit dem seit 2015 amtierenden CEO Christoph Röttele sprechen und dazu ein gutes Dutzend Kenner des Unternehmens befragen: Geschäftspartner, Konkurrenten, Dienstleister und ehemalige Mitarbeiter, die zumeist lieber anonym bleiben, um nicht den Zorn der Münchner auf sich zu ziehen. Mit ihrer Hilfe lässt sich das Bild einer äußerst mächtigen Plattform zeichnen, die um ihren Erfolg beneidet, aber für ihr Geschäftsgebaren auch gefürchtet wird.

VERSCHWIEGENER CHAMPION

Dass man öffentlich wenig über Check24 weiß, ist durchaus im Sinne des Unternehmens. Wird in Deutschland über Techmonopole diskutiert, geht es in der Regel um US-Konzerne wie Google, Amazon, Facebook, Microsoft und Apple. Dass in München ein Plattformunternehmen entstanden ist, das seine erhebliche Marktmacht skrupellos ausspielt, haben dagegen nur wenige auf dem Schirm.

Auch deshalb setzt Check24 auf absolute Verschwiegenheit. Zahlen sind ein streng gehütetes Geheimnis, der letzte ausführliche Geschäftsbericht ist mehrere Jahre alt. Das sei nötig, um sich vor Angriffen der US-Techgiganten zu schützen, heißt es vom Unternehmen. Nicht einmal die genaue Anzahl der Mitarbeiter will man verraten, es sollen aber mehr als 1 000 sein.

„Wenn man als Unternehmen extrem erfolgreich ist, hat man wenig Interesse, darüber zu sprechen“, sagt einer, der mit Check24 zu tun hat. „Das weckt nur Begehrlichkeiten.“ Während mancher deutsche Tech-CEO vor der Corona-Pandemie fast wöchentlich auf Konferenzbühnen stand, sah man Check24-Manager so gut wie nie bei den einschlägigen Branchentreffs.

Der Architekt des Unternehmens ist Henrich Blase, ein Volljurist, promovierter Betriebswirt und passionierter Tennis- und Fußballspieler. Bei der Beratungsfirma Bain lernte Blase Ende der 90er-Jahre den Wirtschaftsingenieur Eckhard Juls kennen, mit dem er 1999 ein Vergleichsportal für Kfz-Versicherungen gründete. Die Anfangszeit lief schleppend, kaum jemand wollte Versicherungen im Netz kaufen. 2004 drohte gar die Pleite. Erst als sich schnelles Internet in der Breite durchsetzte, gewann auch der Online-Versicherungsvertrieb an Fahrt, und Check24, wie die Firma seit 2008 heißt, war ganz vorne mit dabei. In der Folge expandierten Blase und Juls in immer diversere Versicherungsbereiche, später folgten Finanzprodukte, Strom- und Gasverträge und vieles mehr.

ALLE ANGRIFFE ABGEWEHRT

„Sehr hart“ sei der Wettbewerb gewesen, sagte Blase 2015 bei einem seiner seltenen öffentlichen Auftritte. Im blütenweißen Hemd und ohne Sakko tigerte er über die Bühne einer Berliner Investorenkonferenz und dozierte zehn Minuten lang in deutsch gefärbtem Englisch über Check24. Eine Folie überschrieb er mit „Deads along the road“: Gemeint waren die zahlreichen namhaften Konkurrenten, die sich an Angriffen gegen Check24 versucht hatten und allesamt gescheitert waren, von der Deutschen Bank und HUK-Coburg, die jeweils dreistellige Millionenbeträge in eigene Vergleichsportale investiert hatten, über Goldman Sachs bis zum britischen Marktführer Moneysupermarket. Im Jahr 2020 wirkt der Spitzenplatz von Check24 nahezu unangreifbar. Joonko, ein ambitioniertes Konkurrenzprojekt des Berliner Fintech-Inkubators Finleap und des chinesischen Versicherungsriesen Ping An, musste gerade nach nur einem Jahr schon wieder aufgeben. Der ärgste Konkurrent Verivox, hinter dem Prosiebensat1 und der Finanzinvestor General Atlantic stehen, schwächelt seit Längerem, schraubte zuletzt seine Investitionen zurück und will sich nun auf den Bereich Energie konzentrieren.

Verantwortlich für den Erfolg ist auch die besondere Konstruktion des Unternehmens. Blase hat Check24 so aufgesetzt, dass jeder Teil des Geschäfts von einer eigenen Firma mit eigener Führung und eigener Gewinn- und Verlustrechnung gesteuert wird. Nach [Medium]-Recherchen ist das Mutterunternehmen an insgesamt 70 solcher Töchter beteiligt, um schnell auf neue Themen reagieren zu können – darunter auch Vorratsgesellschaften für zukünftige Themen. „Das sind unsere Schnellboote, die machen uns so agil“, sagt Christoph Röttele. Im dezentralen Check-Universum kann niemand die Schuld auf einen anderen Geschäftsbereich schieben – im Gegensatz zur Welt der Versicherungskonzerne, wie ein hochrangiger Manager bedauernd zugibt: „Der Vertriebsvorstand sagt dann, es liege am Produkt, und der verantwortliche Vorstand schiebt es auf die Technik. Das passiert bei Check nicht.“

Doch die unternehmerische Freiheit ist mit enormem Erfolgsdruck gepaart. Die jeweiligen Geschäftsführer treten teilweise wöchentlich zum Rapport an, um ihre Zahlen vor den Chefs zu verteidigen, erzählt ein Insider. Die Führungsetage bestehe aus „Kontrollfreaks“, meint ein anderer. Passe den Chefs etwas nicht, werde hart durchregiert, sagt einer, der mit Check24 zusammenarbeitet.

Deutschlandweit ist Check24 auf insgesamt 19 Standorte verteilt: noch ein Hebel, um träge Konzernatmosphäre gar nicht erst aufkommen zu lassen. Eher herrscht spürbare Konkurrenz, eine „interne Ellenbogengesellschaft“, wie es ein ehemaliger Mitarbeiter nennt. Zwischen den einzelnen Bereichen gebe es nur wenig Kontakt, sagt ein Insider. Die Geschäftsführer, die die Gründer vorwiegend aus Top-Beratungen rekrutieren, stünden teilweise in „unsinniger“ Konkurrenz zueinander, klagt ein anderer.

KUNDENKONTAKT VERBOTEN

Den Kampf mit harten Bandagen pflegt Check24 auch im Verhältnis zu Geschäftspartnern. Seine Marktposition nutzt das Unternehmen skrupellos aus – etwa gegenüber Versicherern, die auf das Vergleichsportal angewiesen sind. Großen Spielraum habe es beim Aushandeln der Provision nicht gegeben, berichtet ein Manager aus den Verhandlungen. Etwa 100 Euro müsse sein Unternehmen pro abgeschlossener Kfz-Police bezahlen.

Ein Großteil seines Geschäfts komme mittlerweile über Check24, erklärt der Manager weiter. „Und die Verträge haben es in sich.“ So habe er dem Vergleichsportal das Recht einräumen müssen, seine Kunden jedes Jahr über neue Angebote zu „informieren“. Folgt der Kunde den Hinweisen und wechselt bereits nach einem Jahr die Versicherung, mache sein Unternehmen Verlust, während Check24 erneut an der Provision verdiene. „Auf Dauer“, sagt der Manager, „ist das nicht durchzuhalten.“

Gleichzeitig erwartet Check24 von den Anbietern, dass sie auf ihren eigenen Websites den gleichen Preis wie auf der Plattform anbieten – eine Praxis, die auch Hotelportale pflegen. Die Anbieter können dann nicht mit Preismodellen experimentieren, sondern müssen ihr komplettes Angebot nach dem Vergleichsportal ausrichten. Andere Verträge untersagen es den Versicherern, ihre Kunden überhaupt zu kontaktieren, ohne das mit Check24 abzusprechen. Ein Anbieter bestätigt diese Praxis. Röttele verteidigt das Vorgehen: Die Kontaktpflege zum Kunden gehöre zur Aufgabe von Check24, da gebe es „keinen Unterschied zu anderen Versicherungsmaklern“.

Was Röttele nicht sagt: Durch den digitalen Zugang zum Kunden kann die Vergleichsplattform ihre Macht extrem effizient einsetzen. Die Drohkulisse in den Verhandlungen mit Partnern ist dabei stets die gleiche: Wem die Bedingungen nicht schmecken, der müsse ja nicht auf der Plattform sein. Doch auf den Kundenstrom, der über das Vergleichsportal fließt, sind die Anbieter angewiesen. Viele Finanzunternehmen „hängen an der Nadel von Check24“, sagt ein Versicherungsmanager. Kurzfristig bekommen sie ohne das Portal kein Wachstum, doch langfristig machen sie sich abhängig.

Irgendwann könnten sie sogar zu einer Art Zulieferer degradiert werden. Denn Check24 arbeitet da rauf hin, dass Kunden die App und das Portal möglichst gar nicht mehr verlassen müssen. Alle neuen Verträge lassen sich unabhängig vom Anbieter dort organisieren. Der blaue Hintergrund brennt sich ins Gedächtnis ein. Ob ein Kunde irgendwann noch weiß, bei welchem Anbieter er seinen Handyvertrag gekauft, von welcher Bank er seinen Kredit erhalten oder bei welchem Versicherer er Policen abgeschlossen hat, ist fraglich.

Gehört also der Kunde irgendwann nur noch Check24? Röttele wiegelt ab, betont das partnerschaftliche Verhältnis zu den Anbietern: „Wir funktionieren nur zusammen.“ Allerdings, fügt er hinzu, stiegen die Kundenerwartungen an digitale Produkte – und da viele Partner wegen mangelhafter Ressourcen oder träger Konzernlogik nicht hinterherkämen, sei Check24 quasi gezwungen, immer mehr selbst zu entwickeln.

So bietet Check24 zunehmend Eigenprodukte an. Unter der Marke Kredite24 werden beispielsweise Konsumentendarlehen in Kooperation mit der Bingener SWK Bank vergeben – die im Vergleichsportal oft ganz oben in der Liste landen. Auch im Shoppingbereich verkauft Check24 Waren teilweise direkt. Mit Aurumtours betreibt das Unternehmen zudem einen Veranstalter für Pauschalreisen.

HINKEN DIE VERGLEICHE?

Doch wie neutral kann eine Vergleichsplattform noch agieren, wenn sie ihre eigenen Produkte bewertet? Es ist eine Frage, die sich nicht nur bei US-Plattformgiganten wie Amazon oder Google stellt, sondern auch bei Check24 aus München.

Den bedeutendsten Schritt tiefer in die Wertschöpfung geht das Unternehmen mit der C24 Bank: Für das im Oktober gestartete Institut, das Bankkonto und App anbietet, wurde 2019 sogar eine eigene Banklizenz beantragt. Den C24-Kunden will man künftig noch einfacher Kredite vermitteln oder Versicherungen verkaufen. Das Konto ist dabei ein Hebel, um Nutzer noch länger in der Check24-Welt zu halten und Geschäft auf den übrigen Portalseiten zu generieren.

Es sei gar nicht das oberste Ziel, bei Nutzern das Primärkonto mit Gehaltseingang zu werden, gibt Röttele offen zu. Er setzt eher darauf, dass viele Kunden ihre anderen Bankkonten über eine sogenannte Multibanking-Schnittstelle einbinden. Auch als Zweitbank erhielte Check24 damit Einblick in die wichtigsten Finanzdaten seiner Nutzer.

Der Vorstoß hat massive Kritik provoziert. Mit der C24 Bank entstehe ein „Datenkrake, der sich Unmengen von Nutzerdaten aneignen möchte“, kritisiert etwa die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Vertreter genossenschaftlicher Banken beklagten sich jüngst bei der Bundesregierung, der Check24-Vorstoß in den Finanzmarkt stelle die Objektivität des Vergleichsportals „massiv in Frage“ und verzerre „in unzulässiger Weise die Wettbewerbssituation“. Eine Doppelrolle als Bank und Vergleichsportal müsse untersagt werden.

Check24 ist ein Unternehmen im permanenten Unruhezustand, ständig auf der Suche nach Neugeschäft. Selbst die eigenen technischen Dienstleister bekommen das zu spüren, die etwa im Reisebereich oder bei der Kundenidentifizierung für Check24 arbeiten. „Sie haben schon bei den Vertragsverhandlungen klargemacht, dass sie sich mittelfristig offenhalten wollen, den Dienst selbst anzubieten“, heißt es von einer Partnerfirma. Immer wieder lasse Check24 durchblicken, dass mit der Zusammenarbeit bald Schluss sein könnte.

Das Unternehmen dementiert solche Drohgebärden: Man arbeite „mit vielen technischen Dienstleistern seit Jahren zusammen“, und es gebe „in den meisten Fällen keinen Anlass, daran etwas zu ändern“. Ein anderer Dienstleister berichtet jedoch, er lebe ständig mit der Befürchtung, dass das Vergleichsportal selbst den von ihm betreuten technischen Schritt übernehmen könnte. „Man weiß nicht mehr, wie viel Informationen man noch teilen kann“, sagt er.

Dass Check24 im Zweifel Konkurrenten und Partner kopiere, sei „weltbekannt“, sagt ein Berliner Gründer. Die Münchner machen das mit Liebe zum Detail: So ähneln Labels und Bezeichnungen im Shoppingbereich frappierend denen von Amazon. Das Check24-eigene Punktesystem erinnert an Payback. Verboten ist das nicht, aber es veranschaulicht, dass das Unternehmen ständig Grenzen austestet: Wie weit können wir gehen?

Konflikte mit Verbraucherschützern oder Branchenvertretern sind schon mehrfach eskaliert, regelmäßig trifft man sich vor Gericht. Das Landgericht Köln etwa verbot dem Vergleichsportal die Werbung mit einer „Nirgendwo-günstiger-Garantie“. Die Aussage sei irreführend, urteilten die Richter, weil sie nicht in allen Fällen zutreffe. Das Portal hat die Werbeaussage bereits vor Längerem von der Website getilgt. „Wir werden angegriffen, weil wir so erfolgreich sind“, sagte Check24-Gründer Blase dazu im Frühjahr der „Süddeutschen Zeitung“.

DER DRAHT ZUR POLITIK

Im Unternehmen ist man sich durchaus bewusst, dass die eigene Marke Schaden nehmen könnte, wenn die Verbraucher Check24 mit ruchlosem Geschäftsgebaren assoziieren und nicht mehr als neutralen Produkthelfer wahrnehmen.

Hinzu kommt, dass der Draht in die politische Welt offenbar verbesserungswürdig ist. „Aus der Politik würden wir uns mehr Unterstützung wünschen“, heißt es dazu vom Unternehmen. „Denn wenn wir dieses Geschäft nicht erfolgreich betreiben, dann werden es Google, Amazon oder Facebook tun. Dann gefährden wir einmal mehr den Digitalstandort Deutschland.“

Auch deshalb behält das Unternehmen die aktuellen Anti-Monopol-Bestrebungen in Brüssel und Berlin genau im Blick – vor allem das sogenannte GWB-Digitalisierungsgesetz, das dem Bundeskartellamt bessere Handhabe gegen Digitalplattformen mit „überragender marktübergreifender Bedeutung“ geben soll. Zwar heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium, die Gesetzesnovelle solle sich eher gegen die großen US-Konzerne richten, doch auch für Check24 könnten die Regeln einmal relevant werden.

Um Image und politische Kontakte besser zu pflegen, beschäftigt das Unternehmen nun eine eigene Cheflobbyistin, die nicht nur potenziell gefährliche Anti-Monopol-Gesetzgebung im Blick haben, sondern Check24 auch auf Klimaneutralität umstellen soll – auch das ein Versuch, am Image zu arbeiten.

Gefahr droht Check24 derzeit allerdings noch am ehesten durch eine eigene Abhängigkeit. „Gegenüber Primärbanken mögen sie machtvoll sein“, sagt der Digitalexperte Christoph Bornschein. „Wenn man sich aber die Wertschöpfungsschicht darüber ansieht, dann sind Player wie Check24 gegenüber Google geradezu ohnmächtig.“ Google bestimmt, wie teuer für Check24 die Akquisition von Kunden ist. Wenn der US-Konzern nur ein wenig an seinem Suchalgorithmus dreht oder gar entscheidet, in ein Segment mit eigenen Produkten vorzustoßen, kann das Aggregatoren und Vergleichsplattformen extreme Probleme bereiten. Im Reisesegment haben Portale wie Expedia und Trivago diese Lektion bereits schmerzhaft lernen müssen.

Der einzige Ausweg für Check24: die eigene Marke zu stärken, um unabhängiger von Google-Treffern zu werden – und gleichzeitig die Nutzer länger im eigenen Universum zu halten, mit neuen Produkten und mehr Stufen in der Wertschöpfung. Zu wessen Lasten das gehen dürfte, ist klar: der Anbieter auf der Plattform. Wehren können sie sich dagegen kaum.

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Einschübe:

70 Prozent der über Portale verkauften
Kfz-Versicherungen entfallen auf Check24

70 Tochterfirmen gehören zum
Check24-Reich – für jedes Geschäft
eine eigene GmbH

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Bildunterschrift:

Gierig: Wie mit Krakenarmen zieht Check24
immer neue Geschäftsbereiche an sich