Insider - TUI verhandelt über weitere Staatsgelder
von Arno Schütze, Klaus Lauer und Michael Nienaber
Reuters vom 10.11.2020
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Insider - TUI verhandelt über weitere Staatsgelder
- Insider: Tourismuskonzern in Kontakt mit Bundesregierung
- Insider taxieren Kapitalbedarf auf 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro
- Anhaltende Corona-Krise macht TUI zu schaffen
TUI verhandelt Insidern zufolge wegen der Corona-Krise über weiteres Geld vom Staat. Darüber sei der bereits mit drei Milliarden Euro Hilfen gestützte weltgrößte Tourismuskonzern in Gesprächen mit der öffentlichen Hand, erfuhr die [Nachrichtenagentur] am Dienstag von mehreren mit der Sache vertrauten Personen. Zwei Insider bezifferten den Kapitalbedarf auf 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro. An anderer Stelle war von ein bis zwei Milliarden Euro die Rede. Den Kapitalmarkt anzuzapfen, sei in Corona-Zeiten keine Option. Weitere Kredite des Staates seien wegen hoher Zinskosten und einer bereits drückenden Schuldenlast schwierig, hieß es. Deshalb sei im Gespräch, wie der Staat mit Eigenkapital direkt einsteigen könnte. Es würden verschiedene Varianten geprüft, auch Misch-Modelle. So müsse ein Staatseinstieg nicht zwangläufig mit Stimmrechten verbunden sein.
TUI erklärte, man ziehe "nach den erneuten erheblichen Beschränkungen und Reise-Restriktionen natürlich alle Optionen der Finanzierung für die nächsten Monate und den Winter in Erwägung." Das Bundeswirtschaftsministerium lehnte eine Stellungnahme ab.
Die Corona-Krise mit ihren Einschränkungen und Reisewarnungen trifft TUI extrem hart und hat den Hannoveranern im Frühjahr einen Umsatzeinbruch von rund 99 Prozent eingebrockt. Aber auch nach dem ersten Lockdown hat sich der Reise- und Flugverkehr dann bei weitem nicht so günstig entwickelt wie von der Branche erhofft. Auch Airlines fahren ihr Angebot massiv runter und dünnen Flugpläne aus. TUI hatte nach dem zweiten Staatskredit im August erklärt, die Liquidität für das Wintergeschäft sei gesichert.
TUI prüft seit längerem verschiedene Möglichkeiten, um sein Finanzpolster in der Corona-Krise zu stärken, darunter auch eine "kurz- oder mittelfristige Kapitalerhöhung". TUI-Chef Fritz Joussen hatte Ende September dazu gesagt: "Ich denke schon, dass wir auf der M&A-Seite und der Kapitalseite etwas machen müssen, aber nicht jetzt." Joussen betonte damals: "Irgendwann werden wir uns Gedanken machen über eine Kapitalerhöhung, aber bei einem Aktienkurs von 3,20 Euro ist das faktisch unmöglich."
AUSSICHTEN AUF IMPFSTOFF SORGEN FÜR KURSSPRUNG DER AKTIE
Dank Berichten über positive Entwicklungen beim Corona-Impfstoff des deutschen Unternehmens BioNTech22UAy.F und seines US-Partners PfizerPFE.N stieg die TUI-Aktie seit Montag spürbar und lag am Dienstagnachmittag bei rund 4,40 Euro mit etwa drei Prozent im Plus. "Die aktuellen Entwicklungen unterstreichen die positiven Prognosen für den Sektor und die erwartete zügige Erholung nach Corona", erklärte der Konzern. "TUI sieht auf seinen Buchungsportalen bei den Kunden starkes Interesse."
Der Reisekonzern muss nach Angaben von Joussen dennoch wegen der Corona-Krise schlanker werden, indem er etwa seine Flugzeugflotte von 150 auf 120 Maschinen verkleinert und weniger in Hotels investiert. Die konzerneigene Airline TUIfly soll in Deutschland ihre Flotte von 39 auf 17 reduzieren und die Zahl der Jobs soll auf rund 1000 etwa halbiert werden. Zuletzt warnten Verdi und Piloten-Gewerkschaft VC vor massiven Kürzungen bei TUIfly und riefen die Politik auf, ihren Einfluss bei dem Hannoveraner Unternehmen geltend zu machen. Das Management wirft den Gewerkschaften jedoch vor, mit der Forderung nach einem Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen eine Einigung zugunsten der Beschäftigten zu blockieren.