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Der Bore-out

von Philipp Alvares de Souza Soares und Michael Freitag
manager magazin vom 21.05.2021

Sie sehen hier den reinen Text in der anonymisierten Form für die Jury. Bilder, Layout oder multimediale Umsetzung sind beim Deutschen Journalistenpreis kein Bewertungskriterium. Allein das Wort zählt.

Der Bore-out

Industrie und Börse freuen sich auf den Aufschwung nach dem Corona-Tief. Aber der Personalabbau geht weiter. Vor allem bei den Führungskräften wird mit teils rüden Methoden ausgesiebt: ein Report über War-Rooms und Hausbesetzer.

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Natürlich träume er manchmal: "Mensch, könnte ich die Tausend einfach rausschmeißen!" Jürgen Hartwig (53), Personalvorstand der Daimler Truck AG, ließ sich kurz gehen, als er am 2. Dezember 2020 vor rund 400 Führungskräften zum Stand seines Leistungsnachweises referierte. Tausend Stellen musste er noch streichen, 300 Millionen Euro sparen allein im Jahr 2021, um die Ziele des Ergebnisprogramms "Stream 2" bis Ende 2022 zu erreichen.
Hartwig, so berichten Teilnehmer der Sitzung, habe sich gleich bemüht, seinen Traum wieder einzufangen. Das mit dem Rauswerfen sei ja rechtlich nicht möglich; er sei auch nicht sicher, ob es zur Daimler-Kultur passe.
Um überzählige Kollegen, einige Zuhörende fühlten sich angesprochen, loszuwerden, skizzierte der Personalchef andere Wege: Sie könnten etwa intern verschoben werden, ins Jobforum.
An vielen Stellen des Autokonzerns (Umsatz: 154 Milliarden Euro, rund 288.000 Beschäftigte) werden gerade die Führungsstrukturen neu aufgesetzt. Wer keinen Platz mehr findet und nicht freiwillig ein Abschiedspaket annimmt, wird häufig in ebenjenes Jobforum versetzt. Oder, etwas nobler, in den Bereich "Project & Expertise". Dort, so die Theorie, darf man sich für Projekte anbieten. Sich vielleicht weiterqualifizieren. Sich bewerben für neue Aufgaben im Konzern, dort vorrangig behandelt werden.
In der Praxis heißt das: Man langweilt sich. Vom Bore-out sprechen sie im Unternehmen, zermürbend wie ein Burn-out. "Das Jobforum ist eine Art virtuelles Büro", sagt Stefan Nägele (65), seit mehr als einem Jahrzehnt Lieblingsanwalt in Ungnade gefallener Daimler-Manager. "Da gibt es schon etwas zu tun, meist Projektarbeit." Viel ist es nicht. Viel soll es auch nicht sein.
Es dient offenbar eher als ein Instrument, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Ende möglichst kostengünstig loszuwerden. Ohne die alte Aufgabe, das Büro und die Aussicht auf eine individuelle Bezahlung sinkt die Lust. Dann nehme ein deutlich höherer Anteil der Beschäftigten Abfindungsangebote an, erklärte Hartwig den Führungskräften. Wenn die Menschen nicht aus ihren Prozessen genommen würden, gehe alles weiter wie bislang.
Daimler erklärt zu Hartwigs Auftritt knapp, "Äußerungen aus einer internen Veranstaltung, die digital stattgefunden hat, können wir nicht bestätigen". Bestritten werden sie aber auch nicht.

Opfer des grünen Wandels

Runden wie die Anfang Dezember prägen derzeit das Bild beim vielleicht renommiertesten deutschen Autohersteller. Einerseits läuft es grandios bei Daimler. Mit einem starken vierten Quartal 2020 rettete sich der Konzern zu einem soliden Abschluss des Corona-Jahres. Für das erste Quartal 2021 wies Finanzvorstand Harald Wilhelm (55) einen Rekordgewinn aus; auch bei der Trucksparte sind die Auftragsbücher voll wie seit mehr als zehn Jahren nicht. Andererseits wird rigoros umgeschichtet und gekürzt.
Es herrscht eine merkwürdige Stimmung in der deutschen Industrie, nicht nur bei Daimler. Die Corona-Krise scheint in vielen Branchen überstanden. Die Börsen erreichen Höchststände, das Wirtschaftsinstitut Ifo erwartet für 2021 ein Wachstum von 3,7 Prozent. Konzerne wie Siemens, Volkswagen oder Bosch sind glänzend ins Jahr gestartet.
Doch die Sparprogramme laufen weiter. Corona war für viele Vorstände nur der Katalysator, endlich so zu managen, wie sie es schon lange wollten; teils auch ein Vorwand, um geringere Abfindungen zu zahlen.
Der raue Umgang auch mit der höheren Belegschaft offenbart, was das so positiv besetzte und politisch gerade im Wahljahr forcierte Schlagwort der Transformation oft ganz konkret bedeutet. In den Unternehmen fordert der beschleunigte Umbau zu einer grünen und smarten Volkswirtschaft Opfer. Bis 2025, rechnet das Ifo-Institut in einer neuen Studie vor, fallen wegen der Elektrowende mehr als 178.000 Jobs allein in der Automobilindustrie weg, bis 2030 werden es 215.000 sein. Der Prozess werde das gesamte Jahrzehnt prägen.
Der Zulieferer Conti sieht, man formuliert es hübsch positiv, bis 2029 rund 30.000 Mitarbeiter von der Transformation betroffen. Beim Truckhersteller MAN sollen bis zu 6000 Beschäftigte gehen, bei Airbus rund 15.000. Die Commerzbank plant mit 10.000 Stellen weniger; bei der Deutschen Telekom wird der nächste Abbau gerade vorbereitet.
Bei Daimler sollten rund 30.000 Arbeitsplätze wegfallen, hieß es Mitte 2020. Die Zahlen stammten nicht von ihm, sagte Konzernchef Ola Källenius (51) zwar im Interview (siehe [Medium] 11/2020). Er schließt Werke, baut aber vor allem außerhalb der Produktion und auch bei den Führungskräften ab. Gut 16.000 Beschäftigte weniger als vor anderthalb Jahren sind es bereits. Und die Chefsparer Wilhelm und Källenius beschworen das Management Ende April erneut, beim Kostensenken keinesfalls lockerzulassen.
So beließen es Trucker Hartwig und der im Konzern fürs Personal verantwortliche Vorstand Wilfried Porth (62) denn auch nicht beim Träumen.
Sie rollten das Jobforum aus. Hunderte Beschäftigte arbeiteten in der virtuellen Division aktuell, sagen Betriebsräte, einige Tausend hätten das System durchlaufen. Hoch bis zum Abteilungsleiter, Daimler-Hierarchieebene E3, reicht die Schar der zur Langeweile Verdammten. Die Methode wirke, sagt ein Finanzer, der seinem Chef Wilhelm durchaus wohlgesonnen ist. Viele ließen sich entmutigen und wählten die, Turbozuschlag inklusive, oft rund eine halbe Million Euro Abfindung.
Wenn Stellen im Konzern besetzt werden, haben die Leute aus dem Jobforum zwar theoretisch Vorrang. Doch, daran ließ auch Vorstand Hartwig keinen Zweifel, es gibt den notwendigen Überhang an freien Jobs schlicht nicht.
So drückt nicht allein der Stellenabbau die Stimmung im Management. Den Umbau verstehen viele. Es ist der Stil: "menschenverachtend", sagt einer.
Daimler ist kein Ausbeuterunternehmen, genauso wenig wie die Telekom oder die meisten anderen Konzerne, bei denen Ähnliches passiert. Sie verschreiben sich modernen Managementphilosophien, bezahlen ordentlich. "Bei Daimler steht eines ganz klar im Fokus: der Mensch", lautet das Leitbild auf der Konzernwebsite. Umso verstörender ist es, wenn der letzte Prozentpunkt Rendite plötzlich wieder alles zählt - und der einzelne Mitarbeiter nichts. "Man lässt die Leute am langen Arm verhungern", sagt der Berliner Jurist Christoph Abeln (58), "das gehört heute zum Standardprogramm." Selbst ein eher dürftiges Abfindungspaket erscheint dann als Erlösung.

Das "Beamten-Guantanamo"

So erleben es auch Mitarbeiter und Führungskräfte der Telekom, die als einstiger Staatskonzern so etwas wie der Transformationsprofi im Dax ist. Dort hat der Vorstand vor fast 20 Jahren eine Urform des Jobforums installiert: Vivento, heute die Telekom Placement Services (TPS), auch bekannt als "Beamten-Guantanamo".
In diese Einheit schickt Telekom-Vormann Timotheus Höttges (58) die Mitarbeiter, die er wahrscheinlich lieber entlassen würde, aktuell sind dort mehr als 1000 angestellt. Und im Rahmen der Sparbemühungen bei T-Systems und zur Finanzierung des Glasfaserausbaus ("Save for Fiber") ist bereits der nächste Job-abbau in Arbeit.
Für Personalvorständin Birgit Bohle (47) ist die TPS, so ihr offizielles Credo, ein "wichtiges Instrument unseres sozialverträglichen Personalumbaus". Intern lösen die drei Buchstaben indes eher Angst aus. Vor allem Führungskräfte fürchten sich vor einer Versetzung.
Angestoßen hatte die Sache 2003 der damalige Vorstandsvorsitzende Kai-Uwe Ricke (59). Die Telekom schob nach der Privatisierung einen immensen Personalüberhang vor sich her. Das Subunternehmen Vivento (intern: "Wie wenn tot") sollte jene auffangen, die "bewegt" (Ricke) werden müssten. Vor allem unkündbare Beamte wurden "identifiziert", verschoben und später Behörden wie dem Zoll angedient.
Mehr als 54.000 Menschen hat der Konzern inzwischen durch das System geschleust. Im Laufe der Jahre verschärften Vorstände immer wieder mal die Methoden. Schwer vermittelbare, aber gut bezahlte Führungskräfte seien teils systematisch drangsaliert, ihre Namen an Tafeln gepinnt worden, erinnert sich eine damalige Führungskraft. "Das sah aus wie die Abschussliste in einem War-Room."
Zuletzt traf es immer wieder auch Topkräfte aus höheren Besoldungsgruppen. "Wir haben Powerpoint-Folien erarbeitet; unser Chef hat sie weggeworfen", sagt einer. Selbst Hochqualifizierte müssten sinnlose Projekte begleiten oder im Akkord Bewerbungen verfassen. "Das ist reine Beschäftigungstherapie."
In einem Brief an Justizministerin Christine Lambrecht (55; SPD) schilderten Betroffene vor gut einem Jahr ihren Alltag: Sogenannte Mentoren "begleiten und überwachen uns von morgens bis abends" und "beleidigen uns als wertlos, alt, unfähig und überflüssig".
Die TPS habe nur einen Zweck, sagt ein Betriebsrat: die Beschäftigten in den Vorruhestand zu drängen. Schikanen und Demütigungen seien die Regel.
Die Telekom bezeichnet die Vorwürfe als "haltlos". Sie seien "nie belegt" worden.

Speeddating mit Softwareexperten

Einen Ausweg erhoffen sich Betroffene oft vor Gericht. Michael Rot (57; Name geändert), früher Geschäftsführer und Finanzchef von Telekom-Tochtergesellschaften, kämpfte bis zur zweiten Instanz gegen seine Versetzung zur TPS. Am Ende einigten sich beide Seiten auf eine Abfindung. Rot hätte am liebsten "einfach weitergearbeitet". Heute fährt er Menschen zum Arzt. Tausend Sozialstunden muss er bis zum endgültigen Eintritt in den Ruhestand abarbeiten; so sieht es das Modell des "engagierten" Vorruhestands vor, das er akzeptierte. So treibt er immerhin nicht in jenem Bermudadreieck aus Leerlauf, Projekten und befristeten Abordnungen, das die Telekom mit der TPS geschaffen hat.
Nur im Traum können die Personalmanager ihre Leute einfach rauswerfen. Das deutsche Recht setzt enge Grenzen. Doch die Lage ist trotz des Booms so angespannt, dass die Vorstände zu rüden Maßnahmen greifen. Zusätzlich zu den üblichen konjunkturellen Schwankungen, die immer wieder zu Entlassungswellen geführt haben, stehen inzwischen ganze Geschäftsteile infrage. Digitalisierung und grüne Transformation zwingen fast alle Branchen zu drastischen Einschnitten.
Wie der Bedarf an einzelnen Fähigkeiten sich verschoben hat, zeigt der Fachkräfteindex der Personalberatung Hays (siehe Grafik "Ach wär ich doch ..."). Für Automobilentwickler zum Beispiel ist der Wert seit dem ersten Quartal 2015 von 100 auf aktuell 42 eingebrochen; für Antriebsspezialisten liegt er gar bei nur noch 32. Fast verzweifelt gesucht würden dagegen Experten für Elektromodelle, sagt Hays-Berater Alexander Heise (41). Auch Bauingenieure (Indexwert 273), Datenbankentwickler (277) oder IT-Sicherheitsexperten (397) könnten sich die Jobs fast aussuchen.
Beim Autokonzern Volkswagen lädt die Personalabteilung gerade serienweise zum Speeddating mit Softwareexpertinnen und -experten. Altgediente Motorenprofis, oft mit 20 Jahren und mehr Joberfahrung, müssen sich dort jungen Programmierern zur Umschulung andienen; da kann das Benzin im Blut schon mal gefrieren.
Neben den fehlenden Qualifikationen ist es oft, als zusätzlicher Malus, das Alter, das den Beschäftigten zum Verhängnis wird. Der größte Teil der Beschäftigten in Daimlers Jobforum sei über 50, schätzt ein Betriebsrat; das Unternehmen nennt dazu keine Zahlen. Bei der Telekom läuft es ähnlich.
Es treffe meistens Arbeitnehmer zwischen Mitte 50 und Anfang 60; daran habe sich wenig geändert, sagt der Frankfurter Arbeitsrechtler Peter Krebühl (45). Sie brächten nicht mehr die Konformität mit, begeisterten sich nicht so wie die Jüngeren. Seine Schlussfolgerung: "Das Narrativ des ewigen Lernens, Weiterqualifizierens und Fithaltens für den Job - es gilt nicht."
Die Methoden sind vielerorts mittlerweile aggressiver. Der klassische Aufhebungsvertrag - in den 90er Jahren noch der Standard - "ist aus unserer Arbeit fast komplett verschwunden", berichtet der Hamburger Arbeitsrechtler Jan Ruge (56). Stattdessen wird immer wieder psychologisch Druck aufgebaut.
Wie Führungskräfte mit den nicht mehr erwünschten Kollegen umzugehen haben, ist in oft ausführlichen Anleitungen geregelt. Fragt etwa ein Teammitglied bei Daimler im Personalgespräch: "Ist das eine Kündigung?", so sollten Vorgesetzte laut internen Dokumenten vom vergangenen Jahr mit Nein antworten, um rechtliche Probleme zu vermeiden. "Aber Sie haben richtig verstanden, wir wollen das Arbeitsverhältnis mit Ihnen beenden"; und "die Entscheidung ist definitiv".

Kündigung ohne Vorwarnung

Ähnliche Papiere gibt es fast überall; diese Art Gespräch führt so gut wie niemand gern. Bei BMW haben sie Führungskräften einmal vorgerechnet, was es kostet, einen 50-Jährigen mit durchschnittlichem Gehalt durchzuschleppen, statt sich von ihm zu trennen: rund zwei Millionen Euro.
Auch die Münchener haben 2020 mehr als 5000 Stellen gestrichen, dabei auch im Management gesiebt. Doch es blieb ruhig. Chef Oliver Zipse (57) zahle besser als Kollege Källenius, erzählen die Daimler-Kollegen neidisch.
Insgesamt geizen die Konzerne allerdings bei den Abfindungen. Bei der Fluglinie Tuifly etwa werden gerade erfahrene Flugkapitäne wie Peter Radke (56; Name geändert) betriebsbedingt gekündigt. Zunächst hatte er via E-Mail erfahren, dass seine Punktzahl in der Sozialauswahl vergleichsweise niedrig ausfällt. Die Kündigung lag dann im April einfach im Briefkasten; ein Gespräch war offenbar nicht vorgesehen.
Radke hat vor 26 Jahren bei der Vorgängergesellschaft Hapag-Lloyd angefangen. "Da ging es noch familiär zu", sagt er. "Es gab dieses Gefühl: Wir waren Hapag-Lloyd."
Tuifly-Chef Oliver Lackmann (52) und Tui-Oberboss Friedrich Joussen (58) bieten nur magere Abfindungen: 0,7 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr plus den Teil der Übergangsversorgung, den die Airline schon angespart hatte. Bei Radke wird das nicht reichen, um bis zur Rente durchzukommen. Dabei pries Tui noch bis vor Kurzem die Sozialpartnerschaft als "Schlüssel für zukunftsfähige Unternehmen". Das war allerdings, bevor das Unternehmen Milliarden an Staatsgeld brauchte, um die Pleite zu vermeiden.
Andere zahlen ein wenig mehr. Commerzbank-Chef Manfred Knof (55) wolle 30 bis 50 Prozent der Managementstellen streichen, heißt es an der Bankspitze. Dafür werde er wohl 1,2 Monatsgehälter pro Jahr bei der Bank genehmigen, sagen Vertraute. Über die "Reise nach Jerusalem" stöhnen Führungskräfte.
Die Banken wollten vermeiden, dass ihre ohnehin erschütterte Reputation jetzt durch eine Serie von Arbeitsgerichtsprozessen und womöglich auch noch Mobbingvorwürfe weiter leide, sagt ein auf Finanzkunden spezialisierter Frankfurter Anwalt. Der Multiplikationsfaktor gehe daher zum Teil schon auf 1,5.
Das klingt gut. Doch noch vor zehn Jahren seien solche Abschiedspakete üblich gewesen, sagen andere Arbeitsrechtler. Zwei Monatsgehälter je Beschäftigungsjahr seien keine Seltenheit gewesen, sagt Anwalt Ruge. Heute müssten Betroffene in der Regel vor Gericht ziehen, "wenn sie den Faktor 1,0 überschreiten wollen".
Zum Kalkül der neuen Härte gehört, dass das nur eine Minderheit wagt - und nur die wenigsten halten durch, wenn sich ihre Verfahren über Jahre hinziehen.
"Die soziale Ächtung ist am schlimmsten", sagt ein ehemaliger Topmanager eines Hamburger Konzerns (55), der nach dem plötzlichen Aus klagte. Von seinem Team konnte er sich zuvor nicht verabschieden. Und auch nach außen, vor Freunden und Nachbarn, "lässt sich das Scheitern nicht verbergen".
Der Stuttgarter Arbeitsrechtler Nägele bekommt zwar fast täglich Anfragen von Daimler-Managern. Aber zu Klagen rät er meist nur, wenn es um höhere Abfindungen geht und darum, sich genug für die Rente mit 67 zu erkämpfen. Eine andere Aufgabe erstreiten? "Ist nicht immer sinnvoll. Die psychische Last ist hoch und ein gewonnener Prozess kein Garant für ein zukünftiges vertrauensvolles Miteinander."
Wie man Druck erzeugt, wissen die Chefs. Bei der Zusammenkunft im Dezember hatte Daimlers Truck-Personalchef Hartwig seine versammelten Führungskräfte gebeten, doch bitte konkrete Namen für das Jobforum vorzuschlagen. Sollten die Ausgewählten keine andere Aufgabe finden und auch in ihrer neuen Rolle kein Abfindungsangebot annehmen, solle zum Gespräch geladen werden: zum "Monthly Talk".
Alle, prognostizierte Hartwig, werde man wohl nicht überzeugen können: Die Mitarbeiter bekämen weiter Gehalt, einige blieben sicher; wie "Hausbesetzer".