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Auf Beutezug in Afrika

von Nils Heck (geb. Wischmeyer) und Kai Strittmatter
Süddeutsche Zeitung vom 05.05.2021

Sie sehen hier den reinen Text in der anonymisierten Form für die Jury. Bilder, Layout oder multimediale Umsetzung sind beim Deutschen Journalistenpreis kein Bewertungskriterium. Allein das Wort zählt.

Auf Beutezug in Afrika

Mit einer Sporttasche voller Geld fing es an, es folgten Millionen: Ein Whistleblower hat enthüllt, wie ein isländischer Fischereikonzern die Küsten vor Namibia plündern konnte.

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Das Hühnchen hat ihn niedergestreckt, ausgerechnet. Ihn, den Mann, der die Haie hinter Gitter gebracht hat. Das Hühnerschnitzel aber, knusprig paniert, hätte er nicht essen dürfen. Zuerst war ihm, als stünde er unter Strom, von Kopf bis Fuß, dann, so beschreibt er es, habe es sich so angefühlt, als schwemme sein Blut Rasierklingen durch seinen Körper. Dazu das unkontrolliertes Zittern, Jóhannes Stefánsson kennt das alles schon. Es ist nicht das erste Mal, dass sein Körper rebelliert.

Drei, vier Wochen hat sie ihn diesmal außer Gefecht gesetzt, diese eine Mahlzeit, auch deshalb findet das Gespräch erst jetzt statt. Stefánsson lässt sich nichts anmerken, er trägt dasselbe Hemd wie beim letzten Videotelefonat vor ein paar Wochen, die grauen Haare mit Gel nach hinten gekämmt. Zahlen, Daten, Namen, alles kommt wie aus der Pistole geschossen.

Jóhannes Stefánsson war einmal ein einfacher isländischer Fischer. Wie soll man ihn heute nennen? Einen Helden? Einen Kriminellen? Stefánsson ist da selbst ganz nüchtern. Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Bestechung: "Habe ich alles mitgemacht." Höher als in den Jahren in Namibia war er im Laufe seiner Karriere nie geklettert, tiefer nie gesunken.

Jóhannes Stefánsson meldet sich aus Reykjavík, aus seiner Heimat Island. Dort lebt er bei seiner Schwester. Zwei Zimmer, 80 Quadratmeter. Das Gesicht ist kantiger, die Züge sind härter als auf den alten Fotos, auf denen er mit den Sharks posiert, mit den Haifischen, wie er die korrupten Geschäftspartner damals taufte. Aber nichts an seinem Auftreten verrät, dass er seine Tage größtenteils im Bett verbringt seit dieser Sache. Keine fünf Jahre ist es her, dass er ausgestiegen ist, und die Partner fürchteten, er könne sie verraten.

Hat ihn damals jemand vergiftet? Stefánsson hat keine andere Erklärung dafür, dass sein Körper ihm fremd geworden ist. Sein Arzt ist ratlos. Es kostet ihn Disziplin, aufzustehen für ein, zwei Stunden, um am Computer zu sitzen. "Ich sehe Sie gerade wie durch einen Schleier, doppelt", sagt er ganz am Ende.

Er glaubt, dass er vergiftet wurde, jetzt muss er gesund werden, für den Prozess in Namibia

Dann lacht er ein kurzes trockenes Lachen. Stefánsson, pleite, krank und trotzdem optimistisch, lacht dieses Lachen auch manchmal über sich selbst, über die, die hinter ihm her sind, und über das, was ihn erwartet: eine große internationale Ehrung, Lobrede und Preisgeld ein paar Tage nur nach dem Gespräch. Und in Zukunft eine Gefängniszelle vielleicht. Egal, sagt er, das sei es wert gewesen. "Ich tue das für die Leute in Namibia."

Stefánsson schildert Szenen aus seinem alten Leben, die man einem Drehbuchschreiber nur mehr schwer durchgehen lassen würde. Die Ansage des Kollegen zum Beispiel: "Wenn der Minister bezahlt werden möchte, dann bezahlst du den Minister." Die Sporttasche voller Banknoten. Eine Million Namibische Dollar, knapp 60 000 Euro, für den Schwiegersohn des Ministers. So ging es los.

Und so endete es: Der Minister im Gefängnis, der Schwiegersohn auch, und fünf andere Sharks dazu. Der größte Korruptionsskandal in der Geschichte Namibias. Der größte Korruptionsskandal auch in der Geschichte Islands. Es ist die Geschichte des isländischen Fischereikonzerns Samherji, der nach Namibia zog, um, wie der einstige Samherji-Mann Stefánsson sagt, "die Ressourcen eines afrikanischen Landes zu plündern". Es ist die Geschichte des Jóhannes Stefánsson, der zuerst Täter war, und dann zum Whistleblower wurde. Der Fischereikonzern Samherji bestreitet auf Anfrage, dass es eine solche Plünderung gab.

Jóhannes Stefánsson hat durch seine Arbeit in Namibia die reiche Beute Samherjis in den Fischgründen des Landes erst möglich gemacht. Stefánsson hat die Praktiken dann auffliegen lassen. Wenn Island im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International zuletzt von Platz 11 auf Platz 17 abrutschte, dann sind daran Stefánsson "Fishrot"-Enthüllungen schuld. Fishrot wie: fauliger Fisch. Wenn die Abgeordnete der Piraten-Partei, Halldóra Mogensen, nach den Enthüllungen im November 2019 verkündete: "Der Mythos der isländischen Unschuld ist tot", dann ebenso.

Das kleine Island, gerade mal 360 000 Einwohner, hat nie große Kriege losgetreten und sich keine Kolonien unterworfen. Bis 2010 war man in Namibia nur als Wohltäter aufgetreten, staatliche isländische Entwicklungshelfer halfen dem jungen Land dabei, eine eigene Fischindustrie aufzubauen. Und nun steht Samherji, eine der größten und mächtigsten isländischen Firmen, im Zentrum eines Skandals, in dem manche ein Exempel sehen für die Beutezüge des Westens in Afrika.

Andere sehen darin einen Test und einen Hoffnungsschimmer, für Namibia, denn ausgerechnet dort haben Ermittler und Staatsanwälte entschlossen gehandelt. In Namibia sitzen die Verdächtigen - einige der mächtigsten Männer des Landes - in Untersuchungshaft, und dort beginnt im Sommer der Prozess. In Island gibt es all das - Ermittlungen und Verdächtige - zwar auch, aber die Isländer lassen sich Zeit. Samherji bestreitet bis heute alle Vorwürfe gegen das Unternehmen, etwa Bestechung oder Steuerhinterziehung.

Ein Ende hat diese Geschichte in Wirklichkeit noch lange nicht. Schon gar nicht für Stefánsson, der wissen möchte, was mit ihm geschah, und der hofft, dass ihm deutsche Ärzte helfen können.

Das Meer, der Fisch, Jóhannes Stefánsson hat das immer gemocht. Der Vater war 40 Jahre lang zur See gefahren, als Fischer und als Koch. In seiner Klasse war Jóhannes Stefánsson einer der Besten, aber die Universität war nichts für ihn. Mit 20 heuerte er auf einem norwegischen Fischerboot an, später arbeitete er auf Fabrikschiffen im Indischen Ozean und vor der Küste Ostsibiriens, war oft Monate auf See.

Langsam wurde ihm klar, dass sie nichts im Land lassen wollen, nicht den Fisch, nicht das Geld

2007 fing Stefánsson bei Samherji an, die Firma war dabei, zu einem der größten Fischereikonzerne Europas aufzusteigen. Eine Weile arbeitete Stefánsson in Marokko, dann landete er 2011 in Namibia. Ein Land, das von Deutschen und von Südafrikanern besetzt worden war, das Massaker und Apartheid erdulden hatte müssen, das aber beim Start in die Unabhängigkeit 1990 Anlass zur Hoffnung bot: jung, reich an Ressourcen und beseelt von der Idee, anderen Ländern ein Vorbild sein zu können.

Die Gewässer vor Namibia sind reich an Makrelen. Um die Ausbeutung der Reichtümer des Landes durch ausländische Firmen zu verhindern, gibt es Gesetze, die vorschreiben, dass Fischfangquoten nur an mehrheitlich namibische Firmen gehen. Stefánsson ließ sich in der Hafenstadt Walfischbucht nieder, für ihn war es die erste hohe Managementposition an Land. "Ich glaube an die Menschen dort", sagt Stefánsson, "ich will Afrika wachsen sehen."

Als Direktor der Namibia-Geschäfte Samherjis war es sein Job, Samherji Zugang zu diesen Quoten zu verschaffen. In Präsentationen versprachen die Samherji-Manager potenziellen Partnern in Namibia "viele Arbeitsplätze", Stipendien für junge Studenten, den Bau von Kühlhallen, Trockenfischfabriken, Fischläden. "Ich war wohl der Einzige", sagt Stefánsson heute, "der damals tatsächlich dachte, dass wir diese Versprechen auch halten würden."

Anfangs, sagt Stefánsson, sei er nur "auf dem Beifahrersitz" gesessen und habe sich von erfahreneren Kollegen darin einweisen lassen, wie man "Beratungsgebühren" für Mittelsmänner auszahlt. Und wie man die in Namibia verdienten Gelder außer Landes lenken kann über Netzwerke von Samherji-Tochterfirmen auf Zypern, Mauritius und in Namibia. Bald sah er sich selbst mit einer Sporttasche voller Bargeld zum Schwiegersohn des Fischereiministers laufen, der dafür sorgte, dass Samherji neue Fangverträge bekam, und zwar laut den Ermittlern weit unter Marktpreis.

Samherji bestreitet das und erklärt auf Anfrage von [Medium], man habe stets Marktpreise gezahlt. Anders als Jóhannes Stefánsson behauptet, habe es auch nie Steuerhinterziehung gegeben. Wie andere Firmen auch habe man lediglich "Steuerplanung" betrieben, das sei "normal und legal". Finanzbehörden und Polizei auf den Färöern ermitteln wegen möglicher Steuerhinterziehung bei einer Samherji-Tochter im Zusammenhang mit der Fishrot-Affäre.

"Ich dachte anfangs: Aha, so macht man also hier Geschäfte", sagt Stefánsson. "Ich fand es nicht gut, aber ich wollte loyal sein." Von 2014 an seien die Zweifel größer geworden: "Es wurde immer klarer: Sie wollten alles rausholen, nichts in Namibia lassen." Nicht den Fisch und nicht das damit verdiente Geld.

Es halfen die Sharks, die Haifische. Allen voran Fischereiminister Bernhard Esau, Justizminister Sacky Shanghala und der Direktor des Nationalen Fischereiunternehmens Fishcor, James Hatuikulipi. Samherji war großzügig, lud die Namibier auch nach Island ein, wo sie den Samherji-CEO Thorsteinn Már Baldvinsson trafen und mit Schneemobiltouren und Clubbesuchen unterhalten wurden.

Als Stefánsson Samherji schließlich im Jahr 2016 verließ - nicht ohne zuvor fast 40 000 E-Mails, Memos und Kontoauszüge von den Firmenservern auf seinen Laptop zu laden - da hatten die Haifische mehr als zehn Millionen US-Dollar erhalten: Schmiergeld, sagt der Staatsanwalt in Windhuk, der Hauptstadt Namibias. Und als Jóhannes Stefánsson das Ganze Ende 2019 als "Fishrot-Affäre" auffliegen ließ, in Kooperation mit Wikileaks, da waren der namibischen Finanzaufsichtsbehörde FIC zufolge insgesamt umgerechnet 560 Millionen Euro an verdächtigen Geldern geflossen. Die FIC spricht im Zusammenhang mit den Fishrot-Vorgängen in ihrem Jahresbericht 2020 von "organisiertem Verbrechen".

Mit versteckter Kamera wurden Minister gefilmt, wie sie nach iPhones und Schmiergeld fragen

Lange vor den Veröffentlichungen hatte sich Stefánsson Ermittlern der namibischen Antikorruptionsbehörde anvertraut: Ermittler, die in ihrem eigenen Apparat heimlich agieren mussten, da die Affäre bis in die höchsten Kreise der Regierungspartei Swapo reichte. Dass die Enthüllungen in Namibia, wo jeder Dritte in Armut lebt, einschlugen wie eine Bombe, war kein Wunder. Dass eine Enthüllung diesmal tatsächlich Folgen hatte, schon eher. Das lag sicher auch daran, dass die Ermittler und die Bürger von Jóhannes Stefánsson nicht nur einen Schatz voller Dokumente geliefert bekamen, sondern dass sie in einem investigativen Al-Jazeera-Report ihre Minister dabei beobachten durften, wie die vor versteckter Kamera ganz offen neue iPhones und Schmiergelder verlangten.

Die Entscheidungsträger in Namibia bestreiten bis heute ein Fehlverhalten und wiesen unter anderem vor Gericht die Vorwürfe zurück.

Eben de Klerk ist Anwalt in Namibia, ein bekannter Kämpfer für Bürgerrechte und gegen Korruption. Beim Videogespräch raucht er, eine nach der anderen. Mehr als einmal hat er erlebt, dass Ermittlungen im Sande verlaufen. "Dann kam Fishrot, das hat alles verändert", sagt er. "Jeder einzelne Mensch in Namibia hat diese Enthüllungen gesehen und gemerkt: Meine Armut ist direkt verbunden mit deren Korruption. Das hat etwas ausgelöst." Die Menschen gingen auf die Straße, voller Zorn, der Präsident ließ seine Minister fallen. Ohne Jóhannes Stefánsson, sagt Eben de Klerk, wäre das nie passiert: "Die Menschen hier halten ihn für einen Helden, einen, der seine Karriere und sein Leben aufs Spiel setzt."

Das Wort Held fällt auch im Gespräch mit der Anwältin und langjährigen Europaparlamentarierin Eva Joly, die sich aus ihrem Pariser Büro meldet. Die gebürtige Norwegerin hat ihr Leben dem Kampf gegen Korruption und Steuerhinterziehung gewidmet und im Europaparlament die Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern durchgeboxt. Die Fishrot-Affäre sei ein Riesending, sagt Eva Joly. Dass Entwicklungsländer die größten Opfer korrupter Praktiken seien, sei bekannt. "Dass aber die Ermittlungen in Namibia nun so weit gekommen sind, das ist neu", sagt sie. "Das ist genau das, was ich mir seit Jahren erhofft habe."

Eva Joly hat Jóhannes Stefánsson 2019 das erste Mal getroffen, kurz bevor er an die Öffentlichkeit ging, und berät ihn seither. In Island geht ihr alles viel zu langsam: "Samherji ist mächtig in Island, sie haben mächtige Freunde, und keiner will eine große Ermittlung." Die Anwältin glaubt, das laufe auch in anderen westlichen Staaten oft so: "Es fehlt am Willen, gegen die Leute zu ermitteln, die nationalen Wohlstand schaffen."

In Island hat die Affäre eingeschlagen. Es ermittelt der Staatsanwalt. Auf der Liste der Tatverdächtigen steht Firmenchef Thorsteinn Már Baldvinsson. Und Jóhannes Stefánsson, der Whistleblower. Die Affäre hat die Bürger der Insel schockiert. "Wir hatten Einschaltquoten von fast 50 Prozent", sagt Helgi Seljan, einer der investigativen Reporter hinter der großen Fishrot-Doku des öffentlich-rechtlichen Senders RÚV im November 2019. "Es schauten mehr zu als damals bei den Panama-Paper-Enthüllungen." Die Menschen gingen auch in Reykjavík auf die Straße, Parolen rufend.

Es gibt keinen Schutz für den Whistleblower in Island, es kann gut sein, dass er verurteilt wird

Es gab irritierende Reaktionen. Von Islands Finanzminister Bjarne Benediktsson etwa, der in einem TV-Interview schnell die "Wurzel des Problems" identifiziert hatte: "die schwache und korrupte Regierung" Namibias. Über die Verantwortung Samherjis kein Wort. Samherji selbst feuerte Presseerklärungen und Youtube-Videos gegen ihre Gegner ab. Darin zeichnen sie Jóhannes Stefánsson einerseits als Trinker und Drogenabhängigen, andererseits als kriminelles Genie, der sämtliche Straftaten ohne Wissen der Vorgesetzten ganz allein begangen habe. Der SZ gegenüber spricht Samherji von einem "persönlichen Rachefeldzug" Stefánssons: Man habe 2016 "die Kontrolle verloren" über ihn.

Viele Leute überzeugt Samherji nicht. Eine landesweite Umfrage zeigte im Februar, dass 92 Prozent aller Isländer glauben, die Firma habe bestochen.

Jóhannes Stefánsson sagt, die Verleumdungen machten ihm nicht viel aus. Andere Dinge schon mehr. Wie überlebt man denn als Whistleblower? "Gar nicht", sagt er. Sein Erspartes ist weg, er ist bei seiner Schwester untergeschlüpft. "Mir egal, wenn ich im Zelt schlafen muss", sagt er. "Aber schlimm ist, wenn du andere Leute mit nach unten reißt."

Arbeiten geht nicht, seit er das erste Mal zusammenbrach, in Südafrika im Dezember 2016. Er berichtet von Drohungen und Angriffen, nachdem er die Firma verlassen und befreundeten Namibiern Insider-Informationen über die unsauberen Geschäfte weitergeleitet hatte. Jóhannes Stefánsson glaubt, er sei damals vergiftet worden. Sein Leben jedenfalls ist seither ein anderes. Bis heute kann er nur bestimmte Dinge essen: Avocado, Gurke, einzelne Käsesorten.

"Wir waren immer gemeinsam bergsteigen", erzählt sein Freund Rúnar Geir Gunnarsson. "Jetzt kann ich ihn gerade mal zu ein paar Schritten Spaziergang abholen. Ich weiß nicht, ob er vergiftet wurde, aber eines weiß ich: Mit ihm stimmt was nicht, und zwar ganz gewaltig." Der Anwalt Eben de Klerk sagt, es habe in der Vergangenheit Giftanschläge gegeben in Namibia, abwegig sei der Gedanke darum nicht, gerade wenn sich die höchsten Ebenen der Regierung bedroht fühlen: "Sehr wahrscheinlich, dass da auch Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden mitmischten."

In einem Attest, das der SZ vorliegt, schreibt Stefánssons isländischer Arzt, dass er eine Vergiftung nicht ausschließt und dass er eine Behandlung außerhalb Islands anrät, da auf der Insel die Expertise fehle. Der deutsche Autor, Journalist und Whistleblower-Experte Rainer Winters möchte Stefánsson dabei helfen. Ein Krankenhaus in Deutschland ist schon gefunden, noch fehlt das Geld, eine Crowdfunding-Kampagne brachte bislang nicht viel ein. Und das Preisgeld für einen Whistleblower-Preis, den Stefánsson gewonnen hat, wird erst im Herbst ausbezahlt. Winters hat sich Stefánssons auch deshalb angenommen, weil er in ihm das typische Los eines Whistleblowers sieht. Ohne Whistleblower-Gesetze gebe es schlicht keinen Schutz: "Wer sich äußert, riskiert, alles zu verlieren."

Vergangene Woche erst hat die Union in Deutschland den Entwurf der SPD für ein Whistleblower-Gesetz blockiert.

In Island gibt es eines, seit Anfang des Jahres - zu spät für Jóhannes Stefánsson, der davon nicht profitieren wird. In Namibia haben sie ihm Straffreiheit zugesichert, aber in Island wird er wohl als Mitangeklagter vor Gericht stehen. Dem Prozess in Namibia fiebert er entgegen. "Zufrieden werde ich erst sein", sagt er, "wenn das von Samherji außer Landes gebrachte Geld zurückgeflossen ist nach Namibia." Jóhannes Stefánsson setzt große Hoffnung auf die medizinische Behandlung in Deutschland. Allein deshalb, weil er die Kraft braucht, um nach Windhuk zu reisen, und dort vor Gericht als Zeuge aufzutreten. "Und wenn es das Letzte ist, was ich tue."